
Selektive Schadstoffsanierung im Schulzentrum Gehrte

Laufender Schulbetrieb, weitere parallel tätige Gewerke und ein straffer Zeitplan stellen hohe Anforderungen
Herstellen eines Interimszustands für den Neubau
Das Schulzentrum Gehrte in Bochum ist in die Jahre gekommen und aufgrund diverser baulicher Mängel, auch unter Berücksichtigung vorhandener Gebäudeschadstoffe, nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren. Zu diesem Schluss kam die Stadt Bochum und projektierte auf dem Bestandsgelände einen Neubau für die gemeinsame Nutzung durch die Anne-Frank-Realschule und die Heinrich-von-Kleist-Schule. Um den Schulbetrieb für die ca. 1.400 Schüler während der Bauzeit sicherzustellen, sind umfangreiche Interimsmaßnahmen vorgesehen.
Rückbau
Der nördliche Gebäudeteil des Bestandsgebäudes wird aktuell in einem 1. Bauabschnitt zurückgebaut, um Platz für den projektierten nördlich anschließenden Neubau zu schaffen.
Die durch den 1. Abbruchabschnitt entfallenen naturwissenschaftlichen Unterrichtsräume mussten hierfür aufwändig in den Bestandsbau integriert werden. Erschwerend kam hinzu, dass
in dem abgängigen und abzubrechenden Gebäudeteil ein Großteil der technischen Gebäudeausrüstung des gesamten Schulzentrums eingebaut war. Hieraus ergab sich das Erfordernis,
vorlaufend diverse Kabel, Lüftungskanäle sowie Wasser- und Abwasserleitungen umzuverlegen.
Da die Gesamtmaßnahme einen Zeitraum von insgesamt 5 Jahren in Anspruch nimmt und der Unterricht während dieses Zeitraums weiter gewährleistet bleiben muss, werden die Rückbauarbeiten am Schulgebäude sukzessive ausgeführt.
Gebäudeschadstoffsituation
Vorliegende Bestandsuntersuchungen zeigten bereits im Vorfeld, dass im Schulzentrum diverse asbesthaltige Bauteile angetroffen wurden, die eine erhebliche Erschwernis der oben genannten
Umbaumaßnahmen mit sich bringen werden.
Zur abschließenden Einschätzung der Schadstoffsituation im Gebäude wurden durch sachkundiges Personal (gem. TRGS 519, TRGS 521 etc.) weitere Proben entnommen und die chemischen
Analyseergebnisse in einem ergänzenden Schadstoffkataster mit den Bestandsuntersuchungen abgeglichen und zusammengeführt. Unter Anderem wurden die folgenden schadstoffhaltigen
Bauteile mit besonderer Relevanz für die Umbauarbeiten angetroffen:
- Asbesthaltige Spachtelmassen an sämtlichen Wänden und Abhangdecken aus Gipskarton
- Asbesthaltiges Linoleum in ca. 90 % der Räume
- Asbesthaltige Segmentflanschdichtungen der Lüftungskanäle
- Abwasserleitungen aus Asbestzement
- Asbesthaltige Brandschutzklappen mit Abkofferungen aus asbesthaltigen Brandschutzplatten
- Abhangdecken aus alten Mineralfasern (KMF) – zerstörungsfreier Ausbau nicht möglich
- Rohrleitungen mit Isolierung aus KMF
Selektive Schadstoffsanierung
Basierend auf den Planungsvorgaben der beteiligten Fachplaner wurden die vorlaufend erforderlichen selektiven Schadstoffsanierungsarbeiten eng räumlich und zeitlich aufeinander abgestimmt
und umfassten im Wesentlichen die folgenden Leistungen:
- Erstellen von Türöffnungen, Durchbrüchen in Leichtbauwänden mit asbesthaltigen Spachtelmassen sowie in Teilbereichen deren komplette Demontage. Hiermit verbunden war das Abschleifen von Spachtelmassen an den angrenzenden Stahlbetonstützen- und Unterzügen
- Aufnehmen der asbesthaltigen Bodenbeläge in Teilbereichen
- Demontage von Lüftungskanälen inklusive der asbesthaltigen Segmentflanschdichtungen
- Trennen von Asbestzementleitungen
- Großflächige Öffnung der Abhangdecke aus KMF-haltigen Deckenplatten
- Demontage von KMF-Isolierungen an Bestandsleitungen
Die selektive Sanierung asbesthaltiger Bauteile erforderte die Einrichtung von insgesamt 8 Schwarzbereichen gemäß TRGS 519 sowie deren Freimessung gemäß VDI 3492. Der überwiegende
Teil der Arbeiten musste in den Osterferien 2021 durchgeführt werden, um Einschränkungen für den Schulbetrieb so gering wie möglich zu halten. Dies hatte zur Folge, dass zum Teil mehrere Schwarzbereiche parallel bearbeitet werden mussten.
Eine besondere Herausforderung stellte das Trennen der Regenentwässerungsleitungen entlang der späteren Abbruchgrenze dar. Solche Arbeiten erfordern in der Regel gemäß TRGS 519 die Einrichtung eines Schwarzbereiches inklusive anschließender Freimessung.
Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht möglich, da die Arbeitsbereiche zum einen in brandschutztechnisch relevanten Fluren lagen. Zum anderen, die Bestandsleitungen unmittelbar
nach der Trennung an ein Provisorium angeschlossen werden mussten, um einen Eintritt von Regenwasser in das Gebäude zu verhindern. In Abstimmung mit der zuständigen Behörde wurden
die Arbeiten daher in Anlehnung an das BT 4-Verfahren zum Trennen von Asbestzementleitungen im Außenbereich in Verbindung mit Arbeiten geringen Umfangs gemäß TRGS 519 durchgeführt. Somit war nach abgeschlossener Feinreinigung und visueller Abnahme der direkte Umschluss durch eine spezialisierte Leitungsbaufirma möglich.
Während sämtlicher Arbeiten war es durchgängig erforderlich, den Schulbetrieb klar von den Arbeitsbereichen abzuschotten. Weiterhin mussten lärmintensive Arbeiten sowie der Transport
von schadstoffhaltigen Abfällen außerhalb der Schulzeiten ausgeführt werden.
Die vorlaufenden Schadstoffsanierungsarbeiten für den Interimszustand des Bestandsgebäudes erfolgten in enger Abstimmung mit den weiteren an dem Vorhaben beteiligten Fachplanern sowie
den auf der Baustelle tätigen Gewerken und wurden im Juli 2021 abgeschlossen. Mit dem Rückbau des nördlichen Gebäudeteils wurde zwischenzeitlich begonnen.
Informationen:
Umtec Prof. Biener | Sasse | Konertz
Partnerschaft Beratender Ingenieure und Geologen mbB
Dr. Klaus Konertz
Maximilian Papp, M. Sc.
Haferwende 7
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